17 Wie die Beschäftigung mit den Fünf Grundbedürfnissen in den Unterrichtsalltag einfließen kann 

Die Fünf Grundbedürfnisse nach William Glasser sind eine Motivationstheorie. Erinnern Sie sich an den Anfang dieses Moduls. Da ging es um das Thema Motivation.

In diesem Abschnitt geht es wieder darum: Wenn wir wieder davon ausgehen, dass ALLE Menschen diese Grundbedürfnisse haben und dass Grundbedürfnisse unser Handeln motivieren, stellt sich sofort die Frage, wie Sie als Lehrerin oder Lehrer die Fünf Grundbedürfnisse in Ihrem Schulalltag berücksichtigen können. Hier ist eine kurze Übersicht:

 

Abbildung 17: Die Fünf Grundbedürfnisse im Klassenzimmer

Überleben und Sicherheit

Lernen heißt auch, sich immer wieder aus der Sicherheitszone herauszuwagen, zu erkunden, Risiken einzugehen, sich zu exponieren, zu experimentieren. Etablieren Sie eine Kultur im Klassenzimmer, in der das Suchen, Ausprobieren, Erkunden verschiedener Perspektiven und das Fehler Machen zum Lernen dazugehören und in der die jeweilige Strategie von Fall zu Fall in Frage gestellt wird, niemals aber die Person.

Liebe und Zugehörigkeit

Menschen tun viel dafür, um zu einer Gruppe dazuzugehören und ein Gefühl von Gemeinschaft zu erleben. Die Qualität der Beziehungen zwischen jungen Menschen und zwischen Schüler:innen und Lehrer:innen hat einen erheblichen Einfluss auf die Lernmotivation und ist ein wichtiger Resilienzfaktor.

Macht und Einfluss

Viele "störende Handlungen" im Klassenzimmer sind darauf zurückzuführen, dass einzelne Schüler:innen nicht in der Lage sind, sich auf eine Weise einzubringen, die sie selbst stärkt. Daher ist es wichtig, Räume zu schaffen, in denen sich die verschiedenen Persönlichkeiten in einer Klasse individuell wahrgenommen fühlen und ihren Beitrag leisten können, z. B. durch verschiedene Lernsettings. Bei störendem Verhalten einzelner Schüler:innen kann man versuchen, gemeinsam mit ihnen herauszufinden, mit welchem Verhalten sie positive Aufmerksamkeit bekommen könnten. Das Gefühl der Wirksamkeit und Einflussnahme kann durch Anerkennung, Lob für Teilerfolge und gemeinsame Zielvereinbarungen enorm gestärkt werden.

Freiheit und Verbindlichkeit

Entscheidungen zu treffen bedeutet auch, die Konsequenzen zu tragen. Junge Menschen brauchen die Freiheit, Verantwortung für sich selbst übernehmen zu können. Auf diese Weise lernen die Jugendlichen, ihre eigenen Fähigkeiten und Grenzen einzuschätzen und zu erweitern.

Um junge Menschen auf ihrem Weg in die Freiheit und damit zur Mündigkeit begleiten zu können, braucht es ein Umfeld, in dem das Fehler Machen und das Treffen von Fehlentscheidungen als Teil des Lern- und Entwicklungsprozesses gesehen wird.

Eine freie Entscheidung führt zu einem Engagement, das von einer inneren Motivation getragen und genährt wird. Dieses Engagement wiederum fördert den Flow-Zustand, jenen Zustand, in dem man sich mit seiner ganzen Persönlichkeit und Konzentration auf eine Tätigkeit einlassen kann.

Spaß und Entwicklung

Die Schulzeit fällt in ein Alter, in dem Kinder und Jugendliche wachsen und sich entwickeln. Deshalb sind sie grundsätzlich hungrig nach kognitiven und sozialen Anregungen. In unserer Informationsgesellschaft herrscht ein gewisser Sättigungsgrad vor, der durch die Reizüberflutung und der Unmöglichkeit einer Umsetzung der daraus entstehenden emotionalen und körperlichen Impulse noch verstärkt wird.

Um die Lust, Neues zu entdecken und aufzunehmen und um das Bedürfnis nach Wachstum wieder anzuregen, ist es deshalb wichtig, Lernangebote zu machen, die den gesamten Zyklus:

Entdecken – Aufgreifen/Interesse – Erfassen (Analysieren) – Verdauen (Verbindungen herstellen und Integrieren) – Umsetzen (entsprechend handeln), einbeziehen und abschließen.

Abbildung 18: Lernprozess

Um dem meist heterogenen Klassengefüge gerecht zu werden, müssen auch die Lernangebote vielfältig sein, um alle Lerntypen anzusprechen.

Um SchülerInnen zu selbständigem Lernen zu befähigen, müssen sie über den Erwerb wichtiger (Lern-)Methoden hinaus auch lernen, ihre Bildungsprozesse selbst zu steuern und zu kontrollieren. Selbst- und Zeitmanagement sowie die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung gehören hier dazu. Individuelle Lernbegleiter:innen in der Oberstufe können helfen, noch nicht optimierte Lernmethoden und Selbstorganisationsfähigkeiten zu verbessern.